Die Welt aus der Sicht des Halblings

Aufmerksamen Bewanderern der verschiedenen Universen ist mein Name, um genau zu sein ein Teil meines Namens, eventuell sogar geläufig. Tatsächlich handelt es sich bei einer gewissen, vom Rufnamen unter Umständen her an eine Gartenwurst erinnernden Person um einen Verwandten meiner selbst, um genau zu sein einen entfernten Cousin mütterlicherseits, der grund seiner Umtriebe vom Rest unserer Sippe fast durch die Bank als das schwarze und zu kurz geratene Maultier der Familie bezeichnet wird. Wobei mir persönlich das Maultier noch leid tut. Doch genug der einleitenden Worte.

Unlängst trug es sich zu, dass mir auf meinen Wanderungen durch das Land eine seltsame Gestalt über den Weg kam, und mich sofort ansprach. Er beteuerte mich zu kennen, auch auf mich gewartet zu haben, und sogar schon den weiteren Verlauf meiner Reise zu kennen. Welch äußerst suspekte Erscheinung! Doch ich begegnete ihm mit einem unschuldigen Lächeln, welches man als Halbling besonders glaubhaft darbieten kann, und folgte seiner Einladung, meine Wanderung zu einem nahegelegenen Dorf fortzusetzen.

Zumal der Tag sich langsam dem Ende zuneigte, erweckten seine Art und seine Worte eine gewisse Neugierde in mir. Genauer gesagt war ich gespannt wie ein Flitzebogen, als was sich dies angepriesene Dorf denn nun herausstellen würde. Nur eine einfache Gelegenheit zur Übernachtung, und wieder ein paar Kupfermünzen Provision für diesen Kerl, ausgestellt vom Wirt der natürlich einzigen, ortsansässigen Herberge? Oder eine geschickt inszenierte Falle, um ahnungslose Reisende vom Weg abzubringen und sie in jenem Dorf ihrer Habseligkeiten und möglicherweise noch anderer wichtiger Dinge zu berauben?

Versuch macht kluch. Also schlug ich den von ihm gewiesenen Weg ein, und malte mir schon das Erleben der zweiten Variante meiner Überlegungen in allen möglichen, für sämtliche weitere Beteiligte schmerzhaften Varianten aus. Meine letzte zünftige Keilerei war schon einige Abende her, und mir stand die Lust danach tief in ein paar Ärsche zu treten, deren Besitzer meinten nur weil er etwas kleiner ist könne man mit dem Halbling machen, wie und was einem gerade beliebt.

Alsbald erreichte ich auch das Dorf, und begann mit einer kleinen Erkundung durch die Gassen. Zu bereits fortgeschrittener Stunde waren nicht mehr viele Leute unterwegs, der recht übersichtliche Marktplatz war geräumt und die Fensterläden der meisten Behausungen waren geschlossen, oder wurden es spätestens und gut hörbar als ich vorbeilief. Wirklich sehr einladend dies alles, welch Herzlichkeit und Gastfreundschaft einen immer wieder in der Fremde überwältigen! Mit einem kurzen, gewohnten Griff an meinen Gürtel vergewisserte ich mich des Schärfegrades der dort unter meinem Umhang versteckten Dolche, und richtete meine Schritte auf den ob seiner Größe kaum zu verfehlenden Gasthof in der Mitte des kleinen Weilers.

Drinnen war der Bär schon mächtig am tanzen, nun wurde mir klar warum im gesamten Rest dieses Kaffs so wenig Fußvolk zugegen war. Die männliche Bevölkerung war scheins vollzählig versammelt und ordentlich in Bierlaune, Frauen und Kinder zuhausegeblieben hinter besagten, gut verrammelten Fensterläden. Ich ignorierte die belustigten Blicke des bäuerlichen Pöbels, ging zur Theke und orderte erst einmal eine Käseplatte plus Getränk. Der Wirt wies mir einen der letzten freien Plätze an einem Tisch mit mehreren, abgesehen von einer ununterbrochen und durchweg laut keifenden Zwergin größtenteils schweigsamen Gestalten, die nicht so richtig ins restliche Bild zu passen schienen. Fremde, ganz offensichtlich.

Und so nahm das Schicksal seinen Lauf, und das Abenteuer seinen Anfang …

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