Nun hat mich also gänzlich unvorbereitet der Kelch des Chronisten erschlagen, und es obliegt mir, die Ereignisse unserer letzten Etappe zu dokumentieren.
Da wir es scheinbar lieben in langen, finsteren, stinkenden Kellern herumzulaufen, war es uns auch am Ende des vorhergehenden Abschnitts nicht vergönnt, nach dem Aufstieg aus der Kanalisation wieder etwas Himmel zu erblicken. Stattdessen standen wir in einem weiteren unterirdischen Gang, der sich scheinbar endlos vor uns erstreckte. Muss ich erwähnen dass er finster war?
Trotz unserer bis zum Zerreissen gespannten Nerven gelingt es uns nicht, vor uns ein Lebenszeichen auszumachen. Es etabliert sich schnell die Vorgehensweise des Werfens brennender Fackeln, in den meisten Fällen nach vorne, um den Gang weiter als ein paar Schritte ausleuchten zu können. Ich notiere bewusst nur in den meisten Fällen, da es einer unbestimmten Person in schwerer Rüstung nur gelingt ihre eigenen Füße mit der Fackel zu treffen. Man hat es ja nicht schon schwer genug.
So flanieren und werfen wir nun abwechselnd dahin, und zumindest mir geht es in langen, finsteren, stinkenden Kellern oft so, dass ich sehr schnell jegliches Gefühl für Zeit verliere. Jedenfalls kam es mir vor wie Stunden, es können aber auch mehrere Minuten oder wenige Tage gewesen sein. Werfen, Schauen, Laufen. Werfen, Schauen …. Wenigstens versuchte nichts nach uns zu beißen, auch Brimosa hatte gerade nicht viel zu berichten.
Inmitten dieser von philosophischer Konversation begleiteten Wanderung findet Camon auf dem Boden eine Münze aus Gold, auf die ein Käsewappen geprägt ist. Kurz darauf endet der Gang an einer nach unten führenden Treppe, die so steil ist, dass man den Boden an ihrem Ende nicht erkennen kann. Wir finden auch nach intensiver Suche keine Fallen und wagen den Abstieg.
Am unteren Ende befindet sich ein langgestreckter, rechteckiger Raum, der fast vollständig von einem großen Becken ausgefüllt wird. Gegenüber, und durch das Hindernis quasi unerreichbar, ist eine Wendeltreppe zu erkennen, die durch die Decke des Raumes nach oben führt. Die Statue eines Krieger neben uns blickt sinnend in die Ferne und träumt offensichtlich von besseren Tagen. Unser laut seiner anhaltenden Beteuerungen magisch begabter Eladrin erkennt in der Flüssigkeit, die das Becken füllt, eine Falle. Wie zum Beweis wird er auch sofort von diesem Becken angezogen und verletzt sich an dessen, wie wir danach wissen, stark ätzenden Inhalt.
Wegen der vom Becken ausgehenden Anziehungskraft werden die Pläne, selbiges auf dem schmalen Sims an seiner Seite zu umrunden, sofort wieder verworfen. Auch scheitern sämtliche Versuche etwa mit der gefundenen Goldmünze oder einem mitgebrachten, aromatischen Höhlenkäse in Kontakt mit der Statue zu treten. Münze und Käse landen danach, verschiedene, exotherme Reaktionen auslösend, im Tümpel. Solange bis Camon mit einem leichten Ansatz von Frust der Statue sein Kurzschwert ins Gesicht zimmert und dafür postwendend eine ordentliche Backpfeife kassiert. Von der Statue! Die aus Stein ist!
Drake sieht seine Chance gekommen und steigt in die Prügelei mit ein, zusammen mit Camon gelingt es ihm die Statue, die noch immer aus Stein ist, in eine handfeste Schlägerei zu verwickeln. Meiner einer steht fassungslos daneben und hält das Volk der Menschen fortan für komplett und gänzlich verrückt. Doch nach kurzer Zeit wendet sich die Statue aus Stein ab, deutet in die Mitte des Raumes und mit einem kurzen, schlürfenden Geräusch verschwindet der Inhalt des Beckens, um nun den Weg freizugeben. Leider keine Spur von meinem Käse.
Für lange Überlegungen bleibt keine Zeit, und so stürmen wir quer durch den Raum auf die Wendeltreppe zu. Neben uns flirrt etwas winziges herum, das sich als die winzige Fee Shandelai vorstellt. Shandelai ist wirklich ziemlich winzig, selbst für meine Verhältnisse, kann dafür aber fliegen! Und sie behauptet aus der Goldmünze entwichen zu sein, die wir vorher gefunden und bald darauf in das Becken geworfen hatten. Wie reizend von uns.
Mitten im Austausch von Förmlichkeiten nehmen wir aus dem Augenwinkel eine weitere Geste der Statue war, und genau so schnell wie es sich geleert hat ist das Becken auch gleich wieder voll. Man entschließt sich, die freundliche Fee als Kundschafterin zu mißbr-, ehm ich meine, anzuwerben, und den Weg die Treppe hinauf fortzusetzen. Was bleibt nun auch anderes übrig. Mit einem letzten Blick vergewissere ich mich noch einmal, dass die Statue tatsächlich aus dem gleichen, unbeweglichen Stein ist, wie die Wände um uns herum.
Shandelai berichtet von keinen besonderen Vorkommnissen im Aufgabenbereich, und ehe wir uns verabschieden können ist sie davongesummt. Die Treppe endet unter einem Kanaldeckel, den wir vorsichtig anheben um einen Blick hinauszuwerfen. Mist, wieder kein Tageslicht zu sehen! Nur ein Raum mit gemauerten Wänden aus grob behauenem Stein, nicht weit entfernt ist eine schwere Tür und auf der linken Seite ein Gang zu erkennen.
Wir klettern aus dem Loch und beginnen mit der Inspektion der Tür als möglichen Fluchtweg, denn links von uns blubbert etwas im Gang herum das wie ein großes Schleimmonster aussieht und diesen Gang völlig versperrt. Dort ist kein Durchkommen. Wir sehen uns weiter um, die verschlossene Tür direkt vor uns scheint tatsächlich der einzige Ausweg zu sein. Sie widersteht mehreren Versuchen sie zu öffnen, das Schloss ist durch Magie geschützt. Noch während die Gruppe vollkommen fasziniert meinem Einsatz diverser Dietriche und Picks beobachtet, kommt von links lautlos der riesige Blob aus Schleim herange… stürmt? und verwickelt uns ohne vorher nachzufragen in einen Kampf.
Zuerst wird Dread in den Schleim gesaugt und kann aber wieder befreit werden, direkt danach werde ich zum Ersatz-Abendessen auserkoren, und sehe nun von ‚innen‘ dabei zu, wie der Rest der Gruppe versucht von ‚außen‘ den Schleim mit Waffengewalt zur Einsicht zu bringen. „Zielt auf die Augen!“ bin ich versucht zu rufen, besinne mich aber ob der leicht aggressiven Grütze rund um mich herum eines besseren. Trotz meiner Immobilität verläuft der Kampf siegreich und der Schleimblob zerplatzt, mich freigebend und überall kleine grüne Batzflecken hinterlassend.
Nun wird eine weitere Möglichkeit den Weg fortzusetzen offensichtlich, der Gang welcher vorher vom Blob versperrt war endet an einer weiteren Tür. Selbige ist lediglich geschlossen, wird sogleich vom vorauseilenden Camon aufgerissen und nach einer Schrecksekunde gleich wieder zugeknallt. Er stürmt zu uns zurück, berichtet aufgeregt von Soldaten und dicker, mit Käsegas angereicherter Luft hinter der Tür, gerade noch bevor diese auch gleich wieder auffliegt und die Soldaten herauslässt. Im Handgemenge gelingt einem die Flucht, die anderen wehren sich kaum. Fast schon, als wäre ihnen ihre Aufgabe lästig, sind sie schnell unterlegen. Wir glaubten noch ein Klingeln gehört zu haben, kurz bevor die drei verbliebenden Soldaten wie auf Kommando fast gleichzeitig umfielen.
Einmal tief Luft geholt und durch den Raum geeilt, finden wir am Ende eine der letzten Türen in dieser Geschichte, durch die wir auf einen belebten Platz hinauskommen. Endlich sehen wir keine Steindecke mehr über unseren Köpfen sondern den freien Himmel! Gierig saugen wir die wohlriechende Stadtluft ein. Nach der Methanbrühe aus den letzten Stunden (oder waren es Tage?!) duftet es hier vergleichsweise wie in einem Meer aus Rosen. Die Beobachtung der Umgebung und der Insignien eines im Wind schwankenden Wimpels lassen uns erkennen, dass wir wohl auf dem Hof der Stadtfeste Tasos angekommen sind. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen mischen wir uns schnell unter die Leute und beginnen, nach einem Ort zu suchen an dem wir uns ausruhen können.
In der Taverne „Zum Käsekopf“ bekommen wir von einem ziemlich ungesprächigen Wirt eine Mahlzeit serviert, den äußerlich von den vergangenen Kämpfen etwas mitgenommenen unter uns gelingt es, notdürftig die Spuren von Blut und Schleim zu entfernen. Wir wissen dass das vorläufige Ziel unserer Reise, der Hexer Theomat, zusammen mit der Eladrin Katana im Gefängnis der Feste Tasos gefangen gehalten wird. Nun werden Pläne geschmiedet wie wir an die beiden gelangen könnten.
Während wir hier so sitzen, kommen plötzlich vier Personen in leuchtend gelben Kutten herein. Die vorher noch so ausgelassene Stimmung ist schlagartig dahin, und der Anführer der neu eingetroffenen Gruppe wechselt ein paar scharfe Worte mit einem der anwesenden Wächter, worauf er und seine Kameraden schleunigst die Taverne verlassen. Die Kutten ziehen sich in ein separates Zimmer im hinteren Teil des Wirtshauses zurück. Der Wirt ist nun noch ungesprächiger als vorher, und sieht uns kaum noch mit seinem Hintern an, auch nicht als wir ihn nachdrücklich in ein Gespräch verwickeln wollen. Seine Tochter, die nach seinem Entweichen die Schankstube übernimmt, bittet uns ebenfalls sie in Ruhe zu lassen. Man hätte ihr untersagt mit Fremden zu sprechen.
Camon verschwindet mit dem Vorhaben, die Kutten in ihrem Zimmer zu belauschen. Wir haben inzwischen die Variante mit einem Überfall auf eines der Stadttore verworfen, und wollen nun durch eine List in das Gefängnis der Stadt eindringen. Brimosa, deren wahrer Name mir kaum noch einfallen möchte, und meine Wenigkeit treten bewaffnet mit einigen Flaschen Käseschnaps, welchen wir dem inzwischen gänzlich sprachlosen Wirt abgekauft haben, den Weg Richtung Stadtwache an. In dem kurzen Wortwechsel zwischen den Kutten und den Wächtern konnten wir den Namen des Anführers aufschnappen, und wollen diesen nun einsetzen um den Wachen im Gefängnis „einen auszugeben“, natürlich für ihre guten Leistungen und so fort.
Der Rest der Truppe bleibt zurück um notfalls Camon beizustehen, der als wir aufbrechen immernoch sein Ohr an die Bretterwand des Hinterzimmers geschmiegt hat. Auf halbem Weg zum Gefängnis gelingt es einer kleinwüchsigen Gestalt doch glatt mich meines ledernen Münzbeutels zu berauben! Ich drücke Adelmosa meinen Schnaps in die Hand und renne dem Dieb nach, bekomme ihn zu fassen. Im letzten Moment kann ich meinen Schlag abfangen, denn aus der grob zusammengenähten Kutte blickt mich das verängstigte Gesicht eines kaum zehnjährigen Kindes an. Ich biete ihm fünf Goldmünzen als Austausch für mein Eigentum und seine Unversehrtheit. Er nimmt überschwänglich dankend an und ist im nächsten Moment verschwunden.
Nun haben wir es mit den Flaschen in der Hand fast bis zum Hauptgebäude der Stadtwache geschafft. Schon aus der Ferne erkennen wir, dass es etwas größer ausfällt als wir uns das in unseren Plänen ausgedacht hatten. Grob geschätzt etwa 50 Wachleute sind geschäftig auf dem Platz vor dem Gebäude zu erkennen, eine weitere und womöglich ähnliche Anzahl wird sich im Inneren aufhalten. Wir grinsen uns an, blicken vielsagend auf die zwei Flaschen Schnaps in unseren Händen, und sind uns wortlos darin einig, dass der Plan die Wachen mit dem gestifteten Käseschnaps abzudichten wohl an deren grober Überzahl scheitern würde. Vielleicht kann man damit ja noch irgendetwas desinfizieren.
Noch während wir hier herumstehen, spricht uns eine Gestalt an, die sich als Alabamba vorstellt. Der junge Mann fragt ob wir uns auch bei der Stadtwache bewerben möchten, da diese der wegen Belagerung der Feste immer neue Rekruten benötigt. Geistesgegenwärtig stimmen wir zu dass wir auch dort anheuern möchten, und können weitere Informationen gewinnen. Nach dem Abschied werfen wir den Schnaps in eine Seitengasse und rennen, so schnell uns unsere Beine tragen, zurück zur Taverne.
Camon berichtet an unserem Tisch im „Käsekopf“ von den belauschten Gesprächen. Er konnte herausfinden dass die Leute in den gelben Kutten wohl die Macht in dieser Stadt fest in der Hand haben, auch dass wir durch unsere Botschaft vor wenigen Tagen offenbar erfolgreich den Giftangriff auf das Trinkwasser eines Lagers der kaiserlichen Truppen vereiteln konnten. Jeden Tag eine gute Tat!
Der Plan sich bei der Wache zu bewerben wird in der Gruppe mit Begeisterung aufgenommen. Sollte es uns tatsächlich gelingen, einmal ohne Schlägerei an ein Ziel zu gelangen? Ein jungen Mann namens Manül (oder Manuel? ich hatte schon immer Probleme mit der Orthografie der Menschensprache …) wird von uns auf ein Bier eingeladen. Auch er gehört zur Stadtwache, und von ihm bekommen wir in einem lockeren Gespräch weitere Informationen über die aktuelle Situation der Stadt und ihrer Belagerung.
So nebenbei erzählt uns Manül dass er stolz wäre wie Hulle auf seinen kleinen Bruder, weil er jetzt hier sitzen und sich etwas gutes zu essen kaufen könne, denn sein Bruder hätte heute mit dem Verkauf von selbstgebastelten Kartenspielen auf dem Markt eine ziemlich Latte Silbermünzen verdient und ihm einen Teil davon geschenkt. Manüls Gesicht kam mir doch gleich so bekannt vor, einer jüngeren Version davon hätte ich kurz zuvor beinah meinen Schwertknauf über den Schädel gezogen. So ein gerissenes kleines Schlitzohr! Von wegen Kartenspiele verkauft …
Noch während wir hier sitzen, bricht direkt neben uns eine Kneipenschlägerei los. Ein wüst dreinblickender Mann sticht plötzlich auf sein Gegenüber ein, dieser fällt um und bleibt in einer großen Lache von Blut bewegungslos liegen. Wir stürmen dem Täter hinterher auf die Straße, aber sein Vorsprung ist zu groß. Doch plötzlich wird er langsamer, bleibt krampfhaft zuckend stehen und fällt fast sofort um.
Unser magisch begabter Elf kann keine Lebenszeichen mehr feststellen, findet aber heraus dass der hier liegende, und inzwischen ziemlich tote Kneipenmörder noch bis vor wenigen Augenblicken von einem Dämonen besessen war. Zeugen berichtet uns später, dass der Messerstecher rot glühende Augen gehabt hatte, als er seinen Dolch in der Taverne zückte. Und wir glauben, kurz bevor er hier auf der Straße umfiel, noch ein leises Klingeln gehört zu haben ….
Am späten nachmittag begeben wir uns geschlossen zur Stadtwache, wo wir nach dem Durchlaufen eines fein säuberlich ausgearbeiteten Auswahlprozesses mit anschließendem, mehrstufigem Trainingsprogramm („Wieviel Sold wollt ihr?! Da hinten bekommt ihr Waffen.“) nun stolze Mitglieder der Wachen sind. Es gelingt uns zudem, die Hundewache für den Kerker zu ziehen.
Mitten in der Nacht drehen wir nun also unsere Runden durch das Innenleben des Gefängnisses von Tasos. Ein kaum einladender Ort. Unsere Suche nach Theomat bleibt erfolglos, auch als wir einen fast schon versteckten und mit zusätzlichen Wachen bestückten Raum erreichen, in dem scheinbar die speziellen Gefangenen untergebracht sind. Durch beherztes Eingreifen können wir verhindern dass einer der anwesenden Wächter sich an einer jungen Elfendame vergeht. Doch auch in diesem Raum keine Spur von unserer Zielperson. Wir beenden unsere erste Nachtpatroullie mit einem herben Gefühl der Entäuschung. Wo nun als nächstes weitersuchen? Wo hält man Theomat versteckt?